Datenschutzrecht-Praxis

 


Neues zum Datenschutzrecht


26.2.2021

Doch kein Bußgeld in Höhe von 14,5 Mio. Euro gegen Deutsche Wohnen SE?

Das Landgericht Berlin hat am 18. Februar 2021 das Bußgeldverfahren der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (BlnBDI) gegen die Deutsche Wohnen SE eingestellt. In seiner Entscheidung geht das Gericht von einem Verfahrenshindernis aus und musste sich daher weder mit dem Grund des Bußgeldes, also den zugrunde liegenden Datenschutzverstößen, noch mit der Bußgeldhöhe auseinanderzusetzen. Nach Ansicht des Landgerichts Berlin leidet der Bußgeldbescheid der BlnBDI „unter derart gravierenden Mängeln, dass er nicht Grundlage des Verfahrens sein kann.“ Eine solch deutliche Aussage ist auf den ersten Blick etwas irritierend, wird aber bei Durchsicht der Entscheidungsgründe verständlich.

Der entscheidende Punkt ist die Auffassung des Gerichts, dass eine juristische Person nicht Betroffene in einem Bußgeldverfahren und zwar auch nicht – wie im konkreten Fall – in einem Bußgeldverfahren nach der DSGVO sein kann. Eine Ordnungswidrigkeit könne nur von einer natürlichen Person vorwerfbar begangen werden. Einer juristischen Person könne dagegen lediglich ein Handeln ihrer Organmitglieder oder Repräsentanten zugerechnet werden. Das Gericht verweist auf Regelungen des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG), die über § 41 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) auch für Verstöße nach Artikel 83 Absatz 4 bis 6 DS-GVO Anwendung finden.

Damit gilt nach Ansicht des Landgerichts Berlin auch für Bußgelder aufgrund von Verstößen gegen das Datenschutzrecht nach Artikel 83 Absatz 4 bis 6 DS-GVO: Da eine juristische Person selbst keine Ordnungswidrigkeit begehen kann, muss eine vorwerfbare Ordnungswidrigkeit eines Organmitgliedes der juristischen Person festgestellt werden.

Hintergrund

Die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (LfDI Berlin) hatte Ende Oktober wegen fehlender Löschmöglichkeit bei der Datenarchivierung einen Bußgeldbescheid in Höhe von 14,5 Mio. Euro erlassen (s. Datenschutz-News vom 5.11.2019). Die Wohnungsgesellschaft ist dagegen juristisch vorgegangen.

UPDATE 3. März 2021

Die Staatsanwaltschaft Berlin hat laut einer Pressemitteilung der BlnBDI vom 3.3.2021 „im Einvernehmen“ mit der Datenschutzaufsichtsbehörde Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin eingelegt.

Fazit

Eine Verhängung von Bußgeldern wegen datenschutzrechtlicher Verstöße nach Artikel 83 Abs. 4 bis 6 DSGVO gegen eine juristische Person ist – zumindest nach Ansicht des Landgerichts Berlin – nicht ohne weiteres möglich. Eine Geldbuße kann gegen eine juristische Person nur wegen einer Tat eines ihrer Organmitglieder oder Repräsentanten festgesetzt werden, was wiederum ein vorwerfbares Fehlverhalten voraussetzt.

Das man das auch anders sehen kann, lässt sich nicht nur in diversen Kommentaren zur DSGVO nachlesen (bei der Kommentierung zu Art. 82 DSGVO) entnehmen, sondern zeigt auch der Entscheidung des Landgerichts Bonn. Letzteres hat mit Beschluss vom 11.11.2020 ein vom Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (BfDI) gegen die 1&1 Telecom GmbH – also gegen eine juristische Person – verhängtes Bußgeld dem Grunde nach bestätigt, wenngleich das Bußgeld in der Höhe von 9,55 Mio. Euro auf 900.000 Euro erheblich herabgesetzt wurde (s. Datenschutz-News vom 11.12.2020).

Es bleibt abzuwarten, ob es zu einer Vorlage beim EuGH kommt und diese Frage final dort geklärt wird.

Sollten Sie Fragen zu datenschutzaufsichtsbehördlichen Prüfungen, zur Verhängung von Bußgeldern oder sonstigen datenschutzrechtlichen Themen haben oder insoweit Unterstützung benötigen, können Sie mich gerne kontaktieren.


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