Neues zum Datenschutzrecht
11.3.2022
Direktwerbung: Neue Orientierungshilfe der Datenschutzaufsicht
Die Datenschutzkonferenz (DSK), das Gremium der unabhängigen deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder, hat ihre „Orientierungshilfe zur Verarbeitung von personenbezogenen Daten für Zwecke der Direktwerbung unter Geltung der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO)“ aktualisiert. Gegenstand dieser Orientierungshilfe ist die datenschutzrechtliche Bewertung der Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zweck der Direktwerbung per Post, E-Mail, Telefon, Fax und SMS. Für die Datenverarbeitung zu werblichen Zwecken im Zusammenhang mit der Nutzung von Telemedien verweist die DSK auf die „Orientierungshilfe für Anbieter:innen von Telemedien ab dem 1. Dezember 2021 (OH Telemedien 2021)“ vom 20.12.2021. Ebenfalls nicht thematisiert wird der Adresshandel, da laut DSK hierzu gesonderte Beratungen erfolgen.
Inhalt
Die „Orientierungshilfe zur Verarbeitung von personenbezogenen Daten für Zwecke der Direktwerbung unter Geltung der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO)“ enthält Ausführungen zu der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit von Direktwerbung, den insofern vorgeschriebenen Informationspflichten und dem Werbewiderspruch.
Bei der Frage der Zulässigkeit werden die Einwilligung (Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchstabe a DSGVO) und das berechtigte Interesse bzw. die Interessenabwägung (Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchstabe f DSGVO) als Rechtsgrundlagen erörtert. Hierbei werden in der Praxis vorkommende Fälle beispielhaft bewertet, z.B. die „Zusendung von Werbung nach Bestellung ohne Selektion oder nach Selektion ohne zusätzlichen Erkenntnisgewinn (ohne Profiling)“, wo die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Personen auch nach Auffassung der DSK in der Regel nicht überwiegen. Darüber hinaus werden weitere praxisrelevante Fallkonstellationen wie die sog. Beipack-Werbung und sog. Empfehlungswerbung behandelt.
Die für die Frage der gesamten Rechtmäßigkeit und Zulässigkeit relevante Überschneidung mit den wettbewerbsrechtlichen Vorgaben des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) wird in der Orientierungshilfe zwar berücksichtigt. Aufgrund der – zumindest für Praktiker – nicht klaren Systematik im Aufbau ist der datenschutz- und wettbewerbsrechte Gesamtzusammenhang jedoch nicht ohne weiteres erkennbar und etwas schwer nachvollziehbar.
Hinsichtlich der Einwilligung werden die bekannten und durch die Rechtsprechung, aber auch durch die Aufsichtsbehörden einschließlich des Europäischen Datenschutzausschusses (EDSA) konkretisierten Vorgaben erläutert. Erwähnenswert ist hier das Stichwort „Zeitablauf“: Die DSK führt zwar aus, dass eine Einwilligung in eine werbliche Ansprache nach der Rechtsprechung nicht allein durch Zeitablauf unwirksam wird. Allerdings empfehlen die deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden unter Verweis auf den Grundsatz der Transparenz, „bei länger als zwei Jahre nicht genutzten Einwilligungen vorsorglich eine Erneuerung der Information oder auch der Einwilligungen selbst vorzunehmen. Wenn sich die Verarbeitungsvorgänge beträchtlich ändern oder weiterentwickeln, ist die ursprüngliche Einwilligung nicht länger für derartige Verarbeitungen gültig. Dann muss eine neue Einwilligung eingeholt werden.“ Diese Ausführungen lassen viel Spielraum für Interpretation und Diskussion.
Fazit
Wer Orientierung bzgl. der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit von Direktwerbung sucht, die zudem die aufsichtsbehördliche Position widerspiegelt, findet in dem Dokument der DSK genau das Richtige. Es werden die Kernpunkte erläutert, wobei der wettbewerbsrechtliche Aspekt in systematischer Hinsicht etwas untergeht. Die Orientierungshilfe enthält einige praxisrelevante Fallkonstellationen, zu denen auch die „Klassiker“ wie die Einwilligung durch Übergabe von Visitenkarten zählt.
Bei einer Nutzung dieser wie auch jeder anderen Orientierungshilfe der DSK ist zu beachten, dass es sich um die Auffassung der deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden handelt. Je nach Herangehensweise, Argumentation und konkreter Situation lässt sich der vorstehende Satz mit „lediglich“ oder „immerhin“ ergänzen. Als Anwalt ist es für mich im Ausgangspunkt „lediglich“ die Auffassung der Aufsicht. Das letzte Wort hat im Zweifel die Rechtsprechung.
Sollten Sie Fragen zur rechtlichen Zulässigkeit werblicher Ansprache, der damit einhergehenden Datenverarbeitung oder zu sonstigen datenschutzrechtlichen Themen haben oder insoweit Unterstützung benötigen, können Sie mich gerne kontaktieren.
Zurück zur Übersicht