Neues zum Datenschutzrecht
10.3.2023
E-Mail-Werbung: Erlöschen einer Einwilligung – AG München überzeugt nicht
Das AG München (14.02.2023 - 161 C 12736/22) hat Mitte Februar entschieden, dass eine Einwilligung in die Zusendung von E-Mail-Werbung unter besonderen Umständen erlöschen kann. Das gilt konkret, wenn in einem Zeitraum von vier Jahren ein Online-Account, bei dessen Erstellung ein Newsletter abonniert wurde, nicht mehr genutzt und in Kenntnis hiervon auch keine weitere Werbung übersandt wurde. In einem solchen Fall müsse sich der Werbende vor einer neuerlichen Zusendung von E-Mail-Werbung bei dem Empfänger erkundigen, ob die ursprüngliche Einwilligung fortbesteht.
In dem zugrunde liegenden Fall hatte der Kläger im Jahr 2015 und 2017 im Rahmen der Erstellung eines Online-Accounts sowie des Abschlusses einer Mitgliedschaft in einem Golfclub einen Newsletter abonniert. Diese Mitgliedschaft und die Nutzung des Online-Accounts endeten 2017. Infolgedessen erhielt der Kläger keine Newsletter mehr, bevor ihm Ende 2021 eine E-Mail mit dem Betreff „Weihnachtsgruß und Info über Änderungen zum neuen Jahr“ zugeschickt wurde. In dieser E-Mail hieß es u.a. „... als Abonnent/in des Golf.de Newsletters informieren wir Sie heute über eine Änderung hinsichtlich des zukünftigen Layouts. Der Absender und Ersteller des Newsletters ist und bleibt die d g online GmbH (dgo). Sie haben den Newsletter bei der dgo kostenlos abonniert und daran wird sich auch nichts ändern. …“ Nach dieser E-Mail erhielt der Kläger weitere Newsletter.
Der AG München begründete seine Entscheidung wie folgt: Selbst wenn man die Auffassung vertritt, eine Einwilligung gelte grundsätzlich zeitlich unbegrenzt, war hier nach den Umständen des Einzelfalls nicht mehr von einem Fortbestehen der Einwilligung auszugehen. Bei der Zusendung des E-Mail Ende 2021 hatte der Kläger seit vier Jahren weder seinen Online-Account bei der Beklagten genutzt noch E-Mails der Beklagten erhalten. Es gab auch keine erneute Anmeldung des Klägers für einen Newsletter. Vor dem Hintergrund der erheblichen Zeit von vier Jahren sowie dem Ende der Zusendung infolge des Austritts des Klägers aus einem Golfclub durfte die Beklagte nicht davon ausgehen, dass die Einwilligung des Klägers fortbestehe. Sie hätte sich vielmehr zunächst erkundigen müssen, ob dies noch der Fall war.
Hintergrund
Das Erlöschen einer Einwilligung durch bloßen Zeitablauf ist umstritten. Ob und ab wann eine ursprünglich erteilte Einwilligung nicht mehr wirksam ist, ist in Rechtsprechung und Literatur bislang nicht abschließend geklärt. Allerdings geht der BGH (1.2.2018 – III ZR 196/17) im Grundsatz zutreffend davon aus, dass eine einmal erteilte Einwilligung nicht allein durch Zeitablauf erlischt und unwirksam wird:
„Eine zeitliche Begrenzung einer einmal erteilten Einwilligung sieht weder die Richtlinie 2002/58/EG noch § 7 UWG vor. Hieraus ergibt sich, dass diese - ebenso wie eine Einwilligung nach § 183 BGB - grundsätzlich nicht allein durch Zeitablauf erlischt.“
Zuweilen wird jedoch vertreten, dass dies in dem vom BGH entschiedenen Fall nur für die dort streitgegenständliche Regelung gelte, die sich auf höchstens zwei Jahre nach Vertragsbeendigung beziehe. Nur in diesem überschaubaren Zeitraum sei bei einem Verbraucher von seinem fortbestehenden Interesse an Information auszugehen. Es wird aber auch in der Literatur vertreten, dass nach den Umständen des Einzelfalls durchaus von einem Erlöschen der Einwilligung ausgegangen werden kann.
Fazit und Hinweise für die Praxis
Das rechtskräftige Urteil des AG München sollte nicht überbewertet werden. Nicht allein aus dem Grund, dass es sich um die Entscheidung eines Amtsgerichts handelt, sondern vor allem weil die Begründung nicht überzeugen kann. Das Gericht schildert zwar die besonderen Umstände des Einzelfalls, erläutert aber nicht, warum diese Aspekte eine Ausnahme von dem Grundsatz begründen, dass Einwilligungen nicht durch bloßen Zeitablauf erlöschen.
Allerdings verdeutlicht die Entscheidung des AG München einmal mehr, dass die Rechtsgrundlage Einwilligung und die insofern notwendigen Prozesse nicht auf die leichte Schulter genommen werden sollten. Das hat bereits das Urteil des KG Berlin vom 22. November 2022 (Az. 5 U 1043/20) gezeigt. In dem dort zugrundeliegenden Fall wurden Werbe-E-Mails nicht im Wochenabstand, sondern in kürzerer Frequenz versandt, obwohl die Einwilligung explizit nur hinsichtlich eines wöchentlichen Versandes eingeholt und entsprechend erteilt wurde. Einwilligungen mit Beschränkung wie z.B. in Bezug auf Häufigkeit oder Rhythmus des Versands bzw. die Anzahl der Newsletter in einem bestimmten Zeitraum setzen den rechtlichen Rahmen, so dass diese Einschränkungen beachtet werden müssen. Andernfalls läuft ein Unternehmen Gefahr, auf Unterlassung in Anspruch genommen zu werden.
Schließlich sollten Anfragen zum Bestehen von Einwilligungserklärungen in der Praxis sorgfältig und weitsichtig bearbeitet werden. In dem vom AG München entschiedenen Fall fragte der Kläger nach Erhalt der E-Mail mit dem Weihnachtsgruß Ende 2021, inwieweit eine Einwilligung seinerseits in den Erhalt von werblichen E-Mails bestünde. Die Beklagte antwortete zwar, dass ein Einverständnis erteilt worden sei, legte aber nicht näher dar, in welchem Kontext und wann das geschehen ist. Ungeachtet der rechtlichen Bewertung bietet sich in solchen Konstellationen an, mit einer anderen Strategie und Kommunikation etwaige Konflikte frühzeitig zu erkennen und beizulegen. Hierfür sollten entsprechende Prozesse aufgesetzt werden.
Sollten Sie Fragen zur Einwilligung in die Zusendung von Newslettern oder zu sonstigen datenschutzrechtlichen Themen haben oder insoweit Unterstützung benötigen, können Sie mich gerne kontaktieren.
Zurück zur Übersicht